Alexander Mitsch und der WerteUnion ist es gelungen aus dem Stand eine solche Marke zu etablieren. Natürlich waren die Voraussetzungen in der inhaltlich oft orientierungslosen und personell ziemlich ausgelaugten Union auch relativ leicht. Trotzdem muss man Mitsch und der Gründungsgeneration der WerteUnion großen Respekt zollen. Sie werden im politischen Betrieb innerhalb und außerhalb der CDU und CSU wahrgenommen. Ihre Stimme und ihre Positionen werden gehört.
Leider gibt es neben der Kraft der Markenbildung und Markenpflege – eine Aufgabe, der man sich immer und immer wieder aufs Neue stellen muss – im Traditionsdeutschland eine fiese Rückstellkraft: Die Vereinsmeierei und ihre unsäglichen inhaltsfreien Profiliierungs- und Loyalitätskämpfe. Jeder auch der auch nur eine Stunde in einem deutschen Verein verbracht hat, weiß wovon ich rede – menschlich abgründige Kämpfe um den stellvertretenden Ortsschatzmeister. Ausgefochten mit allen Künsten der Niedertracht.
Die Deutschen haben es sich zwar darin bequem gemacht, diesen unsäglichen Mechanismus nur in die Politik zu verorten und dort meist dem schlechten Charakter der Einzelakteure anzulasten, aber in Wahrheit sieht man ihn (leider) aller Ortens. Die jeweiligen Inhalte treten dabei komplett in den Hintergrund. Und Bürger, die sich für die jeweilige Sache einsetzen wollen, drehen nach kurzer Zeit völlig entnervt ab.
Durch den Abschied von der Position des Bundesvorsitzenden steht die WerteUnion jetzt genau vor diesem klassischen Dilemma. Statt den Markenkern zu pflegen wird seit Wochen um die Nachfolge von Alexander Mitsch gerungen, der allerdings an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig ist. Denn nach dem fulminanten inhaltlichen Start schlich sich zu schnell der Geist der Vereinsmechanismen ein: „schnellst wachsenden Vereinigung der Union“ – das süße Gift der schnellen Schlagzeile war zu verlockend.
Dabei ist nur zu deutlich: Die WerteUnion als Teil der Union kann nur inhaltlich gewinnen und über Profilierung von Personen – hier ist die Nominierung von HG Maaßen leider mehr die rühmliche Ausnahme als die Regel. Der Vorstand der WerteUnion hatte eben keinen guten Plan zur Profilierung und Unterstützung seiner Mitglieder, zugegebenermaßen in der Union auch noch schwerer als in anderen Parteien.
Mit der Neuwahl des Bundesvorsitzenden steht die WerteUnion inhaltlich am Scheideweg: Als Teil der Union geht es nur über eine inhaltlich gute Arbeit mit der die aktiven Mitstreiter auch ihre Positionen innerhalb der Union stärken können.
Oder man radikalisiert sich, aber dies führt unweigerlich aus der Union raus. Einen Weg auf den die innnerparteilichen Kontrahenten sie nur zu gerne sehen würden und den der eine oder linksliberale CDUler auch versucht herbeizuschreiben.
Wenn man von dieser inhaltlichen Analyse ausgeht, sieht man sofort, dass von den drei momentan erklärten und ernst zu nehmenden Bewerbern Max Otte für den zweiten Kurs und Juliane Ried, CSU und Bernd Pfeiffer, CDU und Landesvorsitzender WU Berlin für den ersteren Kurs stehen, den auch ich für den richtigen halte.
Und natürlich drängt sich für jeden, der noch nicht durch die Mechanismen der deutschen Vereinsunkultur verbogen ist, die Frage auf, warum sich die beiden inhaltlich sehr ähnlichen Bewerber, die Frau aus dem Süden und der Mann aus Hauptstadt, nicht zusammentun? Dies wäre doch ein starkes Signal: Eine Frau aus Bayern (Markus Söder würde dies sicherlich gar nicht schmecken) zusammen mit einem erfahrenen CDU-Mann aus Berlin? Mit dem Ziel der Stärkung der vernünftigen liberal-konservativen Kräfte in der Union und in klarer Unterstützung für einen Wahlsieg von Armin Laschet und Friedrich Merz? Und gerade gut begründete Doppelspitzen, wie es ja in diesem Fall wäre, haben sich längst als wirksames Mittel in der Bundesrepublik etabliert. Ich fände diese Lösung jedenfalls sehr charmant.
Natürlich könnte wieder tausend und einen Grund gefunden werden, warum gerade diese Lösung gerade jetzt nicht geht - im Zweifel immer mein Lieblingsargument „das sieht die Satzung nicht vor“ (eine Satzung, die natürlich jederzeit geändert und angepasst werden kann und die im Zweifel von der jeweils herrschenden Vereinsmehrheit eh immer nur zu ihren Gunsten gebraucht wird), aber die Frage stellt sich doch eigentlich andersherum: Wenn einem die Marke WerteUnion und die damit verbundenen Inhalte wichtig sind, dann sollte man oder frau sich fragen, warum man oder frau nicht alles dafür tut, dass sich so eine gute und sinnvolle Lösung auch tatsächlich durchsetzt? Und die beiden Bewerber sollten sich einer solchen konstruktiven Lösung erst recht nicht verweigern.
Die Möglichkeit für eine konstruktive, produktive und sogar integrative Lösung: In diesem Falle wäre auch für einen Max Otte als Antreiber Platz (wenn er das denn wünscht), wenn wohl auch nicht im Vorstand.
Ich gebe jedenfalls die Hoffnung für unser Land noch nicht völlig auf. Aber leider habe ich es zu oft erlebt, dass bei einer Entscheidung Marke oder Vereinsmeierei, persönliches Wachsen durch inhaltliche Profilierung und gute Kompromisse oder gnadenloser Kampf und Egotrip zu oft die falschen Kräfte und Energien sich durchgesetzt haben.
Transparenzhinweis:
Als einer von zwei Koordinatoren des Berliner Kreises im 2-ten Teil der 18. Wahlperiode bin ich in die WerteUnion eingetreten. Und war in dieser Rolle bis zum Ende der 18. WP kooptiertes Mitglied im Bundesvorstand. Nach meinem Ausscheiden war ich meist nur noch passives Mitglied – mit Blick auf die Bundestagswahl ruht meine Mitgliedschaft seit März diesen Jahres.